Historische Genusswelt von Lachs bis Krümel

Culinary History - Die Lehre von guter Speise unserer Ahnen

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Portal: Gastrosophische Literatur

Unter gastrosophischer Literatur versteht man nicht nur Kochbücher. In diesem Portal findet alles seinen Platz was im weitesten Sinne mit dem Thema Ernährungsgeschichte zu tun hat. Das Primat werden immer die Kochbücher haben.

Aufzeichnungen mit Kochanleitungen gibt es schon, seit die Menschheit schreiben kann. Ebenso wie Abhandlungen über Ernährung. Kochbücher dienten neben der Weitergabe von Informationen auch dem Prestige. Sie dienten als Lehrbücher für die Berufsköche, wie auch die adlige Hausmutter und ihre Dienerschaft. In den vergangenen Jahrhunderten verbreiteten sie neben der Kochkunst auch „Weltgeschichte“ und Mainstream.

Soviel tausend Kochbücher, soviel tausend Autoren. Kochbücher für alle gab es erst ab dem 20. Jahrhundert. Die frühen gedruckten Kochbücher waren teuer und daher nur erschwinglich für den Geldadel. Die Autoren dieser Bücher waren nur in seltenen Fällen Berufsköche. Viele hochherrschaftliche Personen bedienten sich eines professionellen Schreibers. Über die Jahrhunderte hinweg hatten vielfach adlige Frauen die bessere Bildung im Bereich lesen und schreiben. Sie schrieben ihre eigenen Rezeptbüchlein. Schreiben lassen war immer mit Höhrfehlern verbunden.

Mit dem Erfordernis der Lohnschreiberinnen entstand im 18. Jahrhundert eine neue Einnahmequelle für viele Frauen. Verwitwete bürgerliche Frauen besserten sich ihr Einkommen auf, indem sie für Verlage abschrieben. Die Qualität des Inhalts dieser Kochbücher war meist minderwertig. Rezepte wurden abgeschrieben, oft mehr schlecht als recht. Viele dieser armen Frauen hatten keine Vorstellung von dem, was sie dort schrieben.

Die Bearbeiter erfolgreicher Kochbücher nutzten überwiegend die Chance, sich über die bekannten Namen der Erstautoren selber zu profilieren. Im Laufe der Zeit hatten diese Kochbücher ihr eigenes Gesicht verloren. Das beste Beispiel ist das Scheiblersche Kochbuch, das Davidis Kochbuch oder das der Friederike Löffler. Es genügte nicht, die Rezepte an die Zeit anzupassen, nein, es wurde rausgestrichen und eingefügt. Mehrheitlich blieb nur noch die knappe Hälfte übrig, der Rest war zusammengeklaubt.

Von vielen Kochbuchautorinnen kennen wir nur die Namen. Es gibt aber auch Frauen der Feder, die haben eine Geschichte.

Lebensmittelgeschichte ist ein so weitläufiger Bereich, dass man Regale allein damit füllen könnte. Nicht alles ist richtig, weil schlecht recherchiert. Die Historie ist kein geschützter Bereich. Allein das Lesen von Wikipedia treibt einem oft die Tränen in die Augen, mal vor Lachen, mal aus Kummer. Wie schlecht die Informationen in Wikipedia wirklich sind, wollen wir, soweit möglich, etwas erhellen.

Lebensmittelgeschichte


Um auf die Frage eine Antwort zu finden, wann bestimmte Gerichte entstanden sind, muss man viel wühlen. Leider sind unsere Archive durch Krieg und fehlende Mitarbeiter nur unzureichend aufgearbeitet. Man kann daher in erster Linie nur aus jahrhundertealten Büchern schöpfen. Die beflissenen Schreiber von Wikipedia machen einen sehr gravierenden Fehler, sie setzen zu spät an. Es genügt nicht, Bücher aus dem 19. Jahrhundert zu lesen, wenn man wissen möchte seit wann es ein bestimmtes Gericht bereits gibt. Man muss im Urschleim beginnen. In vielen alten Kräuter- und Arzneibüchern, mögen sie sich auch noch so komisch lesen, finden sich bereits viele Antworten.

Inwieweit die Informationen in alten Lesebüchern stimmen, muss offen bleiben, niemand war bei den mittelalterlichen Festen dabei, alles wurde dutzendfach über Jahrhunderte kopiert. Beginnen wir bei dem Klassiker von Weißenfels oder den Berichten anderer hochherrschaftlicher Zusammenkünfte. Wie in der heutigen Zeit dienten diese Schreibereien weniger der Wahrheit, sondern eher der Häme. Wieder und wieder wurde lang und breit ausgewalzt, wie viel doch seinerzeit „gefressen“ wurde, alles viel zu stark gewürzt und so weiter. Man muss dabei immer bedenken: Gewürze würzten kaum, denn alles, was monatelang mit dem Schiff übers Meer kam, hatte nur noch eine geringe Würzkraft. Fand eine Feier mit 300 Gästen statt, waren noch einmal zirka 600 Personen Fußvolk zu füttern. Dazu dutzende Pferde und andere Viecher. Sicherlich dienten ritterliche Feste, Taufen, Hochzeiten und andere Feste der Erbauung, aber in erster Linie auch, um sich auf Kosten der Gastgeber satt zu essen.

Alles was wir lesen, beantwortet uns eine Frage nicht: Wie waren die Speisen wirklich aufgebaut, wie wurde serviert? Das Buch von Marxen Rumpolt bringt uns einen großen Schritt voran. Vielfach wird es als erstes Lehrbuch bezeichnet. Soweit würde ich hinsichtlich des Inhalts dann doch nicht gehen, es lehrt uns kochtechnisch wenig, es lehrt uns jedoch, seit wann es bestimmte Speisen gibt. Man muss Rumpolts Kochanleitungen sehr genau lesen und handwerklich nachvollziehen können, nur dann erkennt man die Kochweisen des 16. Jahrhunderts.

Ich persönlich halte 4 Bücher des 16. Jahrhunderts für beachtenswert, denn sie könnten unterschiedlicher nicht sein. Sabina Welser, Balthazar Staindl, Marxen Rumpolt und Anna Wecker. 2 Patrizierfrauen mit völlig verschiedenem Ansatz, der Mann des Klerus Staindl und der fürstliche Koch. Selbstverständlich sind die Bücher aus dem Mittelalter nicht weniger beachtenswert. Aber hier trifft das Spruchweistum zu, kennste eins, kennste alle. In dieser Zeit wurde sehr viel kopiert, in erster Linie aus dem Buch von guter Speise.



portal/gastrosophische_literatur/start.txt · Zuletzt geändert: 2023/04/06 22:45 von apicia