Kategorie:Küchenerbe


deutsches Küchenerbe

Was verbinden wir mit dem Begriff Küchenerbe? Auch wenn das Wort Küchenerbe eine geerbte Küche nahelegt, ist die jedoch vordergründig nicht gemeint :-) Wir sprechen vom Küchenerbe, wenn es um die Kulinarik geht. Das deutsche Küchenerbe ist lang, breit und kaum noch einzugrenzen. Deutschland hat kaum noch etwas mit den Germanen zu tun. Deutschlands Küchenerbe migriert zig Nationen und Nationalitäten in sich. Wie bekannt, stammen die ältesten Aufzeichnungen über Speisen und die Art zu kochen aus dem Mittelalter, unter anderem fein säuberlich aufgeschrieben im »Buch von guter Speise« des Protonotars der Würzburger Fürstbischöfe. Die darin erhaltenen Gerichte waren garantiert keine Alltagsküche, weder für reich und schon gar nicht für den untersten Stand. Wo sie herstammten, bleibt im Dunkel der Geschichte. Von einigen allgemeinen Kochanweisungen kann man in etwa sagen, seit wann sie in etwa in die Genusswelt eingetaucht sind. So war der Frankenkönig ganz begeistert von der Kaldaunenwurst, die bereits um 900 auf den Tisch kam. Also ca. 500 Jahre vor dem Buch von guter Speise.

Immer politisch korrekt

Wer meint, unser deutsches Küchenerbe wäre zu allen Zeiten unpolitisch gewesen, der irrt. Das, was gegessen wurde, richtete sich nach den politischen Animositäten. Waren sich die Herrscher grün, dampften auch deren nationale Speisen in unseren Kochtöpfen. Standen sie auf Kriegsfuß miteinander, dann waren die gestern noch freudig gebrutzelten Braten verpönt. Diese politische Korrektnes ist bis heute gängig.

Im 17. Jahrhundert begann man mit der Französierung der deutschen Küche, danach war englisch politisch korrekter und französisch verpönt. Als die russischen Kaiserinnen Deutsche waren, zogen russische Gerichte ein, nach dem Krieg zwischen Preußen und Österreich-Schlesien wurde schlesisch gekocht und gebacken. Nun ja, und die italienische Küche hat die deutsche Küche schon fast ersetzt. Anstatt Dünnele isst man Pizza und die Makkaroni sind der Pasta zum Opfer gefallen.

Was ist überhaupt deutsch am deutschen Küchenerbe?


Eine sehr interessante Fragestellung nicht wahr? Ja, was ist das Deutsche am deutschen Küchenerbe? Zunächst einmal muss man eine Zeitphase aus dem Küchenerbe eliminieren: die zwei Weltkriege. Beide Kriegsphasen sind weder repräsentativ noch haben sie eine positive kulinarische Bedeutung. Leider sind sie aber so dominant für die deutsche Küche, dass man sie als Fluch bezeichnen sollte. Spricht man vom deutschen Küchenerbe müsste man das einschränken und sagen: außer die Jahre 1916 bis 1945. Der Verfall der einst guten deutschen Küche mit dem Verlust der eigenen Identität begann mit der großen Konjunktur. Die Ernährungslage war noch lange nicht stabilisiert, doch die Deutschen begannen wieder zu reisen. Urlaubsland Nummer eins Italien. Daß man vorrangig die italienische Hausmannskost und Armenküche konsumierte, war uninteressant.

Im Gegenzug kamen die Gastarbeiter nach Deutschland und überschwemmten ihr Gastland mit ihrer eigenen Küche. Der deutsche Michel vergisst schnell. Die Armenküche der halben Welt wurde die neue deutsche Küche und gefeiert, als hätte Gott ein Wunder der Kulinarik herab regnen lassen. Das Traurige an dieser Entwicklung, die schon seit dem Ende des 2. Weltkrieges anhält, insgesamt knapp 4 Generationen, dass die wahre deutsche Küche kaum noch bekannt ist. Das, was man gemeinhin als Hausmannskost bezeichnet, ist keine Hausmannskost, sondern eine aufgepeppte Kriegsküche. Nach dem Krieg setzte das kulinarische Vergessen ein. Die gemeine deutsche Hausfrau sah ihre neue Rolle im Emanzipationskampf. Sie wollte nicht mehr kochen, backen und putzen. Sie wollte leben und erleben. Die Nahrungsmittelindustrie kam dem Trend nach und produzierte »Lagerwirtschaft«. Büchse auf, rein in den Topf und man hatte mehr Zeit zum Nägel polieren und Haare ondulieren.

Die Nachkriegshausfrau ging in der Konjunktur auf und liebte ihre neue Rolle. Da diese Frauengeneration aber nicht mehr kochen lernte sondern eher Meister im Büchsen öffnen wurde, gab es bald kaum noch etwas was die emanzipierte Hausfrau an ihre Nachfolgegeneration weitergeben konnte. Die Kochbücher der Neuen Zeit waren aufgearbeitete Kriegskochbücher, die bis in unsere Tage vertieft werden. Das kollektive Gejammere über die »gestiegenen« Preise bewirkt, dass mehr gegessen wird als sich eingeschränkt.

Ebenso traurig ist, dass gute Lebensmittel gar nicht mehr erkannt werden. Im Web konnte man unlängst lesen, dass sich eine junge Frau beklagte, dass die Schlagsahne schon „schlecht“ verkauft wird. Sie kaufe nie wieder BIO Sahne, die stinkt so eklig und hat eine dicke Schicht oben. Ihre sonstige Sahne (Discounter) riecht nie so. Auch ihre Mutter hätte gesagt, sie solle die Sahne wegwerfen, die sei schlecht. 2 Generationen Frauen, die nicht einmal wissen, wann Schlagsahne frisch und wann verdorben ist.